Ein Abend mit Robert Menasse … gewidmet dem Erzählen (Veranstaltung im Rahmen der 36. Siegburger Literaturwochen)

Datum: 
Samstag, 7. November 2015
Zeit: 
20:00
Ort: 
Stadtmuseum Siegburg / Markt 46 / D-53721 Siegburg

 

© Jeff Mangione
Jeder kennt dieses Phänomen: wenn man sich in einer Fremdsprache unterhält, ertappt man sich immer wieder dabei, nicht das zu sagen, was man sagen will, sondern nur das, was man sagen kann. Der Unterschied ist manchmal fast unerheblich, oft aber dramatisch. Heute scheinen Literatur und Politik zu Diskursfeldern geworden zu sein, in denen wir mitreden, etwas erzählen, diskutieren wollen, aber immer stärker das Gefühl haben, in einer Fremdsprache zu reden. Und wer das Gefühl nicht hat, der wirkt umso trübsinniger, wie einer, der in einer Fremdsprache redet und nicht einmal merkt, was er alles nicht imstande ist zu sagen. Wir erzählen, was wir erzählen können, aber das ist nicht dasselbe, was wir erzählen wollten oder sollten, wir vertreten Thesen, die wir kennen und vertreten können, die aber, wenn wir ehrlich sind, unseren Interessen unmöglich entsprechen. Wir haben Vokabeln gelernt. Aber es sind bloß die geläufigen »So-sagt-man-Vokabeln«, sie bilden nicht die Realität, unseren Blick auf sie, und unsere Bedürfnisse ab, sondern – in jedem Wortsinn – unser Vermögen. Und es schrumpft, weil wir nicht einmal mehr begreifen, was wir alles verwechseln und vergeuden, weil nur noch das, was wir sagen können, immer mehr unsere Welt wird: wir verwechseln zum Beispiel »Gewohnheit« mit »Erfahrung«, das eine können wir sagen, das andere nicht ausdrücken. Wir verwechseln »Erfahrung« mit »Erkenntnis«, das eine kann man haben, aber es bedingt nicht den Gewinn des anderen. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: entweder werden wir wahnsinnig – und leiden darunter, oder wir werden wahnsinnig - und merken es nicht einmal. Robert Menasse widmet diesen Abend dem Erzählen, er möchte erzählen, Erzählungen lesen, und die Frage stellen: wie können wir das, was wir können, endlich ablösen durch das, was wir wollen.
Robert Menasse, geb. 1954 in Wien. Studium der Philosophie, Germanistik und Politikwissenschaft in Wien, Salzburg und Messina. 1980 Promotion zum Dr. phil. 1981 bis 1988 Gastdozent an der Universität Sao Paulo, Brasilien. Seit seiner Rückkehr 1989 freier Schriftsteller. 1994 Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdiensts in Berlin 1996 Writer in Residence an der New York University, 1999 Artist in Residence der Stadt Amsterdam, 2007 Poetik-Vorlesungen an der Universität Frankfurt. Zahlreiche Veröffentlichungen: Romane, Essays, Theaterstücke. Auszeichnungen u.a.: Doderer-Preis, Hölderlin-Preis, Fried-Preis, Österreichischer Staatspreis, Grimmelshausen-Preis, Niederländischer Buchpreis, Ritter des französischen Ordens der ›Arts et Lettres‹. Mit dem Preisgeld des Österreichischen Staatspreises stiftete er den Jean-Améry-Preis für Essayistik. Menasse lebt heute hauptsächlich in Wien, einen Teil des Jahres in Brüssel.

Preis: 
16,- Euro (Karten erhalten Sie im Vorverkauf im Stadtmuseum Siegburg. Restkarten an der Abendkasse)